Orks
In den gruben von Utumno, der unterirdischen Festung im Norden von Mittelerde, geschahen im Zeitalter der Sterne schreckliche Gräueltaten.
Melkor, der abtrünnige Vala, hatte in den Unsterblichen Landen jenseits der Westsee drei Juwelen geraubt, die Silmaril, und um sich gegen die sichere Verfolgung durch seine Artgenossen zu wappnen, brauchte er Truppen. Also beschloss er, welche zu züchten.
Heute ist nicht mehr genau bekannt, welches Rohmaterial der dazu verwendete. Es heißt, er habe viele Angehörige der neu erstandenen Elbenvölker in seine Verliese gebracht und aus ihnen unter entsetzlichen Foltern Wesen geschaffen, die von Qualen und Hass verkrüppelt waren, Sie sahen grässlich aus, gebeugt, o-beinig, beinahe hockend, die Arme lang du stark, die Haut wie verkohltes Holz, die breiten Mäuler gelb, die Zunge dick hinter schwarzen Eisengittern. Das waren die Orks.
Es waren grausame, wilde Krieger und erbarmungslose Kannibalen. Oft hing an ihren Reißklauen und Fangzähnen noch das bittere Fleisch und faulige schwarzes Blut ihrer eigenen Art. Sie wohnten in stinkenden Gruben und Gräbern, wo sie sich schneller als alle anderen Wesen von Arda vermehrten. Und als am Ende des Ersten Zeitalters der Sterne die Valar nach Utumno kamen und Melkor mit einer dicken Kette fesselten, vernichteten sie auch die meisten seiner Sklaven. Jene Orks, die überlebten, waren jetzt herrenlos.
Einige Zeitalerter lang hörte und sah man nichts von ihnen. Sie konnten mit den Elben nichts anfangen, die in einer großen Wanderung durch die Lande zogen. Es waren Kinder des Lichtes, nicht der Dunkelheit, und es gab niemanden mehr, dem die Orks hörig sein konnten. S lebten sie an verborgenen Orten und traten nicht mehr oft in Erscheinung.
Erst im vierten Zeitalter der Sterne machten die Orks wieder von sich reden. Sie strömten aus Angband hervor, einer weiteren Festung Melkors, dem westlichen Vorposten Utumnos, und ihre Anblich war furchterregender als je. Stahlplatten und Kettenpanzer am Leib, Helme aus Eisenreifen und schwarzen Leder auf dem Kopf, geschnäbelt wie Geier, aber mit Schnäbeln aus Stahl, trugen sie Krummsäbel, vergiftete Dolche, Pfeile und Schwerter mit besonders breiter Klinge. Es war, als wäre ihr Hass auf die Elben, deren gemartertes Fleisch und Blut sie waren, jetzt erst richtig erwacht. Mit Wölfen und Werwölfen drangen sie nach Beleriand vor, in das Königreich der Elben.
Zu jener Zeit kannten die Kinder des Lichts noch keine Stahlwaffen, doch sie tauschten welche bei den Zwergenschmieden von Nogrod und Belegost ein, töteten die meisten Orks und vertrieben den Rest. Der Frieden war kurz. Als im letzten Zeitalter der Sterne die Abtrünnigen Melkor zurückkehrten, quollen die Orks wieder aus den Gruben von Angband hervor, Reihe für Reihe, Legion nach Legion, und zogen mit großen Armeen in die schlacht. Damit begann der Krieg von Beleriand.
Lange Zeit konnten die Elben den blutrünstigen Monstren wiederstehen, doch wie viele sie auch erschlugen, stets nahmen neue den Platzt der gefallenen ein. Die Snagas vermehrten sich besonders rasch, kleine und flinke Orks, die das gros der Fußtruppen bildeten und auch das Reitvolk ihrer Legionen stellten, weil sie auf bösen Wölfen ritten, Warge genannt. Deshalb nannte man sie auch Wolfsreiter.
Nur einmal wurden alle Orks bis ins Mark erschüttert, als am Anfang des Ersten Zeitalters der Sonne ein strahlendes Licht
am Himmel erschien und den Dienern der Finsternis Angst einjagte. Aber dann kehrten sie im Schutz der Nacht zurück und der Kampf wogte wieder hin und her, bis die Städte Nargothrond und Gondolin von Heerscharen kreischender Orks eingenommen wurden, denen ihre schweren Verluste nichts ausmachten. Durch ihre schiere Überzahl trugen sie den Sieg davon.
Mit der Niederlage der Elben drohte das Böse endgültig über Mittelerde zu triumphieren, doch die Valar hatten ein einsehen und schickten ein großes Heer in die Sterblichen Lande, das Melkor in einer einzigen Schlacht besiegte. Alle Berge des Nordens brachen auf, die Festung Angband verging ebenso in der kochenden See wie das leibliche Beleriand, und der Herr der Dunkelheit stürzte für immer in die Leere.
Im Norden bedeutete das die völlige Vernichtung der Orks, aber im Osten und Süden des Landes versteckten sich einige in den fauligen Höhlen unter den dunklen Bergen und Hügeln und vermehrten sich wieder in rasendem tempo. Als Ersatz für Angband machten sie jetzt das Nebelgebirge und Ered Mithrin die Brgkette nördlich des Düsterwalds, zu ihrem Zuhause, suchten sich Schlupfwinkel in den Pässen und gruben dort Tunnel, um ahnungslose Reitern aufzulauern. Sie hassten die Elben und Menschen weiter mit einer wilden, dämonischen Inbrunst, die auf den Makel ihres verdorbenen Erbes verwies.
Als im Zweiten Zeitalter Sauron der Große wieder erwachte, auch er ein Diener des Bösen aus den Älteren tagen, halfen sie ihm, wie ihre Vorfahren einst Melkor geholfen hatten. Sauron stieg schnell zu einem der größten Herrscher von Mittelerde auf - bis zu seiner Niederlage am Orodruin, dem Berg des roten Feuers. Die Einfalt seiner Ork-Anführer hatte viel dazu beigetragen, und so beschloss er nach seinem abermaligen erwachen im Dritten Zeitalter, die Orks zu verbessern. Er züchtete die Uruk-hai, meist nur Uruks genannt. Sie waren so groß wie Menschen und hatten alle üblen Züge der Orks, jedoch gerade Gliedmaßen und waren ungeheuer stark. Sie trugen schwarze Rüstungen, oft auch gerade Schwerter und lange Bogen aus Buche. Aber vor allem hatten sie keine Angst vor dem Licht.
Am Anfang des Dritten Zeitalters herrschte vor allem die Dúnedain aus Gondor und Anor in Mittelerde. Den einfachen Orks, die das Letzte Bündnis überlebt hatten, waren die westlichen Gebiete nicht mehr sicher genug, und sie zogen sich in ihren alten verstecke im nördlichen Nebelgebirge zurück. Ihre Hauptstadt aus Höhlen und Stollen unter dem Gundabadberg, schlicht Gundabad genannt, lag nicht weit von den Blauen Bergen entfernt. In der ganzen Gegend gruben sie nach alter Tradition Tunnel, um die Pässe zu versperren, während viele auch in den südlichen Düsterwald zogen und sich wieder in Saurons Dienste stellten, der von seiner Turmfestung Dol Guldur aus Panik und Entsetzen verbreitete.
Als im Jahre 2475 die neuen Schergen des abscheulichen Sauron, die Uruk-hai, aus dem schwarzen Land Mordor, wo er sie aus Menschenmaterial gezüchtet hatte, in die andere Länder
vordrangen, waren sie seine Elitetruppe und befehligten oft auch die niederen Orks. Sie plünderten Osgiliath, die größte Stadt von Gondor, und das war der Auftakt zu einer Woge der Gewalt, die Jahrhunderte anhalten sollte. Um alle Königreiche der Menschen und Elben in den Westerladnen zu vernichten, schlossen die Orks Verträge mit den Dunländern, den Balchoth oder Wagenfahrern, den Haradrim, den Ostlingen von Rhûn und den Korsaren von Umbar, um auch deren Kampfkraft zu gewinnen. Sogar zum Zwergenreich Khazad-dûm gelangten sie, das ein mächtiger Balrog in Besitz genommen hatte. Dort wohnten sie , behandelten die Zwerge jedoch voll Verachtung und erschlugen alles, was auch nur in die Nähe dieses reiches kam. Das war das Pech der Orks, denn die Zwerge wurden so wütend, dass sie Rache an ihnen nahmen. In einem sieben Jahre währenden Krieg der Vernichtung erschlugen die Zwerge Unmengen von Orks, bis die wenigen Überlebenden bei der Schlacht von Azanulbizar praktisch ausgelöscht wurden.
Aber die Fähigkeit zur Regeneration war bei den Orks wahrlich einzigartig, und in späteren Jahren brachen alle alten Ängste der Bewohner von Mittelerde wieder auf. Die Dunländer aus dem südwestlichen Vorlands des Nebelgebirges hatten sich nämlich im Kampf gegen die Menschen mit dem rebellischen zauberer saruman verbündet, dem Herrscher von Isengart, und es gab einige unter ihnen, deren Blut sich durch einen Bannspruch des Zauberers mit denen der Orks und Uruk-hai vermischte. So entstanden riesige, luchsäugige Menschen von ungeheurer Bösartigkeit, Halb-Orks genannt. Die meisten kamen in den Schlachten des ausgehenden Zeitalters um, doch einige überlebten und folgten Saruman in die Verbannung, sogar zu den Hobbitlanden, wo sie dem gestürzten Zauberer bis zum letzten Atemzug dienten.
Alles in allem endet das dritte Zeitalter jedoch mit einem überwältigenden Sieg der Freiheit über die Dunklen Mächte, und
die Orks teilten den Untergang ihrer Herren. Unzählige starben in den Schlachten des Ringkrieges, und die Überlebenden flohen wieder nach Norden, in ihre alte Heimat zwischen den Felsenklüften des Nebelgebirges. Die Orks wurden zwar nicht völlig ausgelöscht, erholten sich aber nie mehr, und nur noch die Sagen erzählen von ihrer bösartigen macht.
Orks sind vermutlich die am häufigsten vorkommende Rasse in Mittelerde. Von den Elben werden sie orch genannt, von den Ents burarum. Sie haben dunkelgraue Haut und Augen, die rot sind wie glühende Kohlen. Ihre arme sind lang und enden in Klauen, und sie trotten in unverkennbar affenartiger Haltung dahin. Von Natur aus chaotisch, können sie nur durch rohe Gewalt und Grausamkeit zu einer Armee oder Gemeinschaft zusammengeschweißt werden. Gnade kennen sie für ihre Feinde so wenig wie für ihre schwächeren Gefährten, die sie genauso schlecht behandeln, wie sie von stärkeren Orks behandelt werden. Meistens kämpfen sie mit Krummsäbeln, können aber auch mit Pfeil und Bogen und anderen Wurfgeschossen umgehen. Ihre größte Schwäche als Kampftruppe ist ihre Unfähigkeit, bei Tageslicht zu marschieren.
Hinsichtlich ihrer Sprache heißt es, dass sie schon in den Älteren tagen keine eigene besaßen, sondern so viel wie möglich anderen Sprachen entnahmen und es für ihre Zwecke benutzten. Das Ergebnis waren brutal verstümmelte Satzfetzen, mit Flüchen durchsetzt. Zu Frodos Zeiten war das nicht viel anders, und jeder Stamm hatte seinen eigenen barbarischen Dialekt entwickelt, sodass sie sich auch bei Begegnungen untereinander kau verstanden. Aber sie sprachen ja ohnehin ohne Liebe für die Worte und Dinge.

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